Rezensiert: Karla Weigand, Jörg Weigand, Moselli, Romero

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© Fehnland-Verlag

Karla Weigand

Der Pontifex. Eine Projektion

Fehnland-Verlag in der Verlagsgruppe Bedey & Thoms Media 2021

ISBN 978-3-96971-164-4
Paperback – 476 Seiten

978-3-96971-165-1
eBook, epub

Anno Domini 2039. Die Sensation ist perfekt: Zum ersten Mal in der langen Geschichte der Christenheit wird ein Schwarzafrikaner zum Papst gewählt – der überaus charmante und weltgewandte Kardinal Maurice Obembe aus dem (fiktiven) ostafrikanischen Staat Ghanumbia. Er gibt sich den Namen Leo XIV. und zieht mit seiner Entourage im Vatikan ein. Zu dieser Entourage gehört auch seine Geliebte, Schwester Monique, eine katholische Nonne, die er als seine leibliche Schwester ausgibt.

Was nur wenige Personen in der engsten Umgebung des neuen Papstes ahnen: Der neue Papst ist nicht einmal religiös! Das Papstamt hat er vielmehr nur angestrebt, weil er zutiefst alle Weißen und Araber haßt und deshalb den Plan verfolgt, Christen und Muslime in einen Krieg gegeneinander zu hetzen.

Die Wurzeln dieses Hasses reichen weit in die Vergangenheit zurück, nämlich in jene Zeiten, als "Deutsch-Ostafrika" eine deutsche Kolonie war. Daß nicht nur Engländer, Franzosen, Spanier, Portugiesen oder Belgier in ihren afrikanischen Kolonien wie die Barbaren gehaust haben, wissen wir spätestens seit Gert von Paczenskys verdienstvollem Buch "Die Weißen kommen" aus dem Jahre 1970 (erweiterte Neuausgabe 1979 als "Weiße Herrschaft. Eine Geschichte des Kolonia­lismus"), das man heute leider nur noch antiquarisch erhalten kann. Wie aktuell dieses Thema aber gerade heute wieder ist, wissen natürlich alle aufmerksame Zeitungsleser: Mehr als 100 Jahre nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft im heutigen westafrikanischen Namibia ist gerade in diesen Tagen nach fast sechs­jährigen Verhandlungen endlich ein Abkommen zwischen Deutschland und Namibia verhandelt worden, in dem Deutschland die zwischen 1904 und 1908 begangenen Gräueltaten an den Volksgruppen der Herero und Nama offiziell als Völkermord anerkennt und sich bereiterklärt, eine finanzielle Entschädigung für koloniale Unter­drückung und Ausbeutung in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu leisten — ein Betrag, den viele Herero- und Nama-Häuptlinge allerdings als beschämend niedrig empfinden.

Leo XIV. hingegen geht es nicht um Eingeständnisse oder finanzielle Wiedergut­machung – er will Rache dafür, daß die Deutschen sein Volk brutal versklavt und einen seiner Vorfahren, den Häuptling Mkwa Obembe, bei einem Fluchtversuch wie einen Hund erschlagen haben. Dessen Witwe hatte daraufhin ihrem ältesten Sohn den Schwur abgenommen, Rache an den Weißen zu nehmen. Von Generation zu Generation wurde dieser Schwur jeweils dem ältesten Sohn auferlegt, und jetzt endlich sieht Maurice Obembe eine Chance, die Rache Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu versichert er sich der Hilfe von Pater Bertrand Gimmich, eines Bene­dik­tiners, der schon früher allerlei schmutzige Jobs für den Vatikan erledigt hat. Zusammen mit zwei alten Schulfreunden — einem ehemaligen GSG-9-Mann und einem Schwerstkriminellen — beginnt Gimmich mit den Planungen, wie man Christen und Muslime gegeneinander aufhetzen könnte. Den Weg dazu weist der Anschlag einer islamistischen Terrorgruppe auf das Heiligtum von Fatima, bei dem die dortige Wundergrotte zwar zerstört wird, aber durch einen glücklichen Zufall nur sehr wenige Menschen umkommen. Wie wäre es also, wenn man selbst einen Anschlag auf ein bedeutendes christliches Gotteshaus verüben und ihn Muslimen in die Schuhe schieben würde? "Je mehr Tote, desto besser!" lautet dabei die Parole dieser katholischen Terrorgruppe. Unterstützt werden Gimmich und seine Leute dabei von zwei bayerischen Pfarrern, die schon einmal damit beginnen, junge Leute zu angehenden Terroristen auszubilden. Und tatsächlich finden bald ein erster Anschlag statt ...

Zugleich aber wird den engsten Vertrauten von Papst Leo allmählich klar, daß dessen Weißenhaß nicht nur ans Pathologische grenzt – nein, Leo XIV. ist offenbar tatsächlich geisteskrank. Aber was ließe sich gegebenenfalls dagegen unter­nehmen ...?

So viel zum Inhalt.

1977 hatte ich auf dem SFCD-Con in Kleve einmal Gelegenheit, Kurt Brand zu fragen, was er einem Nachwuchsautor wie mir raten würde. "Schreiben Sie im Präsens, junger Mann!" sagte der Altmeister daraufhin. "Das gibt Tempo!"

Das Präsens ist auch die bevorzugte Erzählform von Karla Weigand. Wie schon in vielen ihrer (übrigens hervorragend recherchierten) historischen Romane wendet sie es nun auch in ihrem ersten Science-Fiction-Thriller an. Und Kurt Brand hatte recht: Der Roman liest sich tatsächlich überaus rasant. Allerdings birgt eine solche Erzählweise durchaus einige Gefahren, etwa die, daß hier so manches in Dialogen und Monologen präsentiert wird, was man womöglich auch in Handlung hätte über­setzen können. Als Leser muß man außerdem höllisch aufpassen, um jedesmal mitzubekommen, wann die Autorin von dem, was sie ihren Personen in den Mund legt, ins auktoriale Erzählen überwechselt. In der einen wie der anderen Form teilt sie manchmal übrigens so unbekümmert aus, wie man es sonst vielleicht vom "Politischen Aschermittwoch" in bayerischen Bierzelten kennt. Ziel ihrer deftigen Kritik sind dabei nicht nur die Verbrechen des deutschen Kolonialismus, sondern es ist vor allem das "Bodenpersonal Gottes" im Vatikan, das sie als durch und durch reaktionär, selbstgefällig und korrupt zeichnet. Und das wahrscheinlich nicht zu unrecht, denn selbst der derzeitige Papst Franziskus, der von den Vatikan-Granden des Jahres 2039 nur spöttisch "der Sozialarbeiter" genannt wird, hat den Kurien­kardinälen in seiner Weihnachtsansprache 2014 ja schließlich Hochmut, Habgier und "spirituellen Alzheimer" vorgeworfen.

Kräftig ausgeteilt wird von Karla Weigand aber auch gegen den linken und grünen Multikulti-Kuschelkurs. Wohin dieser geführt hat, sieht man nicht nur an Anis Amris Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz, sondern auch daran, daß arabische Clans in Berlin und im Ruhrgebiet in den letzten Jahren praktisch ungehindert ihre krimi­nellen Strukturen aufbauen konnten und sich Politik und Polizei erst jetzt, da es fast schon zu spät ist, darauf besinnen, den Kampf gegen diese Art von Parallel­gesell­schaften aufzunehmen. In ihrer Kritik weiß sich die Autorin darin sicherlich einig nicht nur mit Thilo Sarrazin, sondern auch mit der in Somalia geborenen nieder­län­disch-amerikanischen Politikwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali, die soeben in ihrem neuen Buch "Beute" sehr deutlich vor einer schrankenlosen Zuwanderung ohne vernünftige Integration gewarnt hat, da islamischer, durchaus religiös begründeter Machismo in ihren Augen eine Bedrohung für die Frauenrechte in Europa darstellt.

"Der Pontifex", der mitten in diesen Diskussionszusammenhang hineinspringt, ist also ein hochpolitisches Buch, das sicherlich ebenfalls kontroverse Diskussionen auslösen wird. Und die können wir womöglich gerade jetzt dringend gebrauchen, da Deutschland gerade in Zeiten des Klimawandels wohl immer mehr zu einem bevor­zugten europäischen Zuwanderungsland werden wird.

Daß "Der Pontifex" als Roman allerdings auch seine Schwächen hat, sei an dieser Stelle nicht verschwiegen. Einige Straffungen hätten ihm zweifellos recht gut getan; vor allem aber gewinnt man den Eindruck, daß die Autorin ebenso wie ihr Negativ-Held Maurice Obembe nicht so recht weiß, was sie mit den Möglich­keiten des Papst­amtes anfangen soll. Die Vorbereitungen, durch die Leo XIV. seine Rache voran­treiben will, erscheinen manchmal allzu ineffektiv und werden durch immer neue Monologe des Wahnsinnigen ersetzt. Da fragt man sich schon, was ein Dan Brown, an dessen ebenfalls im Vatikan spielenden Robert-Langdon-Roman "Angels & Demons" (dt. "Illuminati") man bei der Lektüre des "Pontifex" unwillkürlich denken muß, aus einem solchen Stoff gemacht hätte. Wesentlich actionreicher wäre seine Version ganz bestimmt ausgefallen. Aber vielleicht ist dieser Vergleich ja auch ein wenig unfair ?

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© Verlag Dieter von Reeken

Jörg Weigand

Zwischen Gesellschaftsroman und Pornografie

Der Sittenroman im Leihbuch nach 1945.
Nachwort von Rainer Schorm

Verlag Dieter von Reeken 2021
Klappenbroschur – 212 Seiten
(D) € 17,50 (plus € 3 Versand
ISBN: 978-3-945807-59-0

Auch Karla Weigands Ehemann Jörg hat soeben ein neues Buch herausgebracht. Wieder handelt es sich um ein Sachbuch zum Thema "Leihbücher nach 1945". Diesmal allerdings befaßt sich Jörg Weigand nicht mit utopisch-phantastischen Veröffentlichungen, sondern mit dem bisher sträflich vernachlässigten Bereich des sogenannten "Sittenromans". Wie er ausdrücklich betont, handelt es sich bei dem hier vorliegenden Werk aber nicht um eine literatursoziologische Analyse. Statt­dessen unterzieht sich Weigand darin der Kärrnerarbeit, überhaupt erst einmal Grundlagen für eine solche Analyse zu schaffen. Will heißen: Er benennt zunächst einmal die Zahl der überhaupt in diesem Genre publizierten Titel (geschätzt sind es einige hundert), beschreibt in ersten Umrissen die Inhalte dieser Romane, zählt sodann jene Verlage auf, in denen sie erschienen sind, und stellt Beispiele für Werbetexte vor, mit denen die Besitzer von Leihbüchereien und natürlich die Leser angesprochen werden sollten.

Daß "Sittenromane" in den eher prüden Jahrzehnten nach 1945 ganz automatisch in das Blickfeld staatlicher und kirchlicher Sittenwächter geraten würden, versteht sich von selbst. Dazu zählten neben den zur Abwehr sittlicher Gefahren gerne bemühten deutschen Gerichten auch die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" und der katholische "Volkswartbund", der natürlich ein besonders scharfes Auge auf die sittliche Gefährdung der Leserschaft solcher Publikationen hatte. Nachdem der Autor diese Institutionen im Kapitel "Die Tugendwächter" vorgestellt hat, werden im Kapitel "Indizierte Romane (Beispiele)" einige von der Bundesprüfstelle oder durch Gerichtsentscheid indizierte Titel mit ausführlichen Textproben und den jeweiligen Begründungen für die Indizierung präsentiert. Aus heutiger Sicht wirken diese Begründungen natürlich oft unfreiwillig komisch.

Eine kleine Kostprobe gefällig? "Der sogenannte Roman 'Kleines Geschäft mit der Liebe' hat in reichem Maße sämtliche Merkmale der früheren Begriffe 'Schmutz und Schund'. Er ist ein literarisch völlig minderwertiges Machwerk, das geeignet ist, bei primitiven Lesern niedere Instinkte erheblich anzureizen (...) und gemeine geschlecht­liche Lüsternheit zu erregen." Und das ist nur ein Beispiel von vielen.

Darauf folgen dann noch Kapitel über die Autorinnen und Autoren der Sitten­romane, von denen Jörg Weigand eine größere Anzahl in alphabetischer Reihen­folge vorstellt; eine illustrierte Bibliografie der Sittenromane; eine Liste der indi­zier­ten Sittenromane; sowie zum Schluß ein Titelregister und Literaturhinweise, was in seiner Gesamtheit diesen Band nicht nur zu einer spannenden Lektüre, sondern auch zu einem hervorragenden Handbuch für weitere Forscher macht.

Das alles belegt zugleich wieder einmal den ungeheuren Rechercheaufwand, den der Autor für all seine Publikationen zum Thema "Leihbuch" betrieben hat. Im Grunde ist es der Ertrag eines ganzen Forscherlebens, der in Bücher wie dieses einfließt, und dafür kann man Jörg Weigand nur von Herzen Dank sagen.

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© Detlef Eberwein

José Moselli

Illas Ende. Der Untergang eines Stadtstaates

Übersetzt und mit einem Nachwort von Detlef Eberwein

Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt 2021

Paperback · 126 Seiten ·: (D) € 6,80
ISBN-13: 9783752670189

ePUB · € 3,99
ISBN-13: 9783753449135

Der seit vielen Jahren in Spanien lebende und inzwischen im Ruhestand befindliche Profi-Übersetzer Detlef Eberwein hat es sich neuerdings zur Aufgabe gemacht, unbekannte Klassiker der französischen, spanischen und englischen Science Fiction und Phantastik aufzuspüren, um sie sodann zu übersetzen und dadurch erstmals dem deutschen Publikum vorzustellen. Eine seiner ersten Entdeckungen war dabei der Franzose Joseph Théophil Maurice Moselli (1882-1941), der sich nach einer Karriere als Seemann dem Schreiben von Abenteuerromanen für die französischen Pulps zuwandte. Dabei schrieb er unter verschiedenen Pseudonymen, hauptsächlich aber als José Moselli.

Bereits 2019 erschienen zwei Kurzgeschichten Mosellis in der Übersetzung Detlef Eberweins unter dem Titel "Der Bote des Planeten" als Band 46 der von Gerd-Michael Rose in Erfurt herausgegebenen Heftreihe "BunTES Abenteuer". Ähnlich beeindruckend wie die Titelgeschichte, die einen Vergleich mit den besten Erzäh­lungen etwa eines H.G. Wells keineswegs scheuen muß, ist auch "Illas Ende. Der Untergang eines Stadtstaates" ("La Fin d'Illa"), ein höchst ungewöhnlicher Science-Fiction Roman aus dem Jahre 1925, den Eberwein soeben in Eigenregie als Book on Demand herausgegeben hat.

Zur Handlung: Im Jahre 1875 entdeckt die Besatzung der amerikanischen Brigg "Grampus" eine auf keiner Karte verzeichnete Insel. Als der Kapitän und seine Besatzung an Land gehen, kommt es zu einer Reihe von merkwürdigen Vorfällen, die ein rasches Verlassen der Insel angeraten erscheinen lassen. Allerdings nimmt man von dort zwei Artefakte mit, nämlich eine Kugel, die sich später als gewaltige Energiequelle erweisen und eine große Katastrophe auslösen wird, und ein in einer fremdartigen Schrift abgefaßtes Buch in einer Schutzhülle aus Metall. Erst viele Jahre später gelingt es einem Arzt in San Francisco, der die beiden Artefakte inzwischen aufgekauft hat, zumindest die erste Hälfte dieses Buches zu entziffern. Dabei handelt es sich um die Aufzeichnungen eines Mannes namens Xié, Angehöri­ger einer technisch hochentwickelten Zivilisation, die lange vor uns auf der Erde existiert hat.

Xié ist Oberbefehlshaber der Armee des Stadtstaates Illa, der in einem militäri­schen Konflikt mit einem benachbarten Stadtstaat namens Nour steht. Die letzte Auseinandersetzung zwischen den beiden Städten hat Illa dank des Einsatzes unsichtbarer Flugmaschinen zwar gewonnen, aber damit sind der Diktator Illas, Rair, und seine rechte Hand, der sadistische Geheimdienstchef Limm, noch keines­wegs zufrieden.

Unter Illa befinden sich nämlich Bunkeranlagen mit sogenannten "Blutmaschinen", die für die Menschen Illas als Quelle der Ernährung dienen. In den Bunkern vege­tiert eine Sklavenrasse von Affenmenschen vor sich hin, deren Aufgabe es ist, Rinder zu schlachten und sie diesen Blutmaschinen zuzuführen. Diese strahlen sodann osmotische Ströme aus, welche als Nahrung in die Gewebe der Illianer eindringen, deren Mägen schon seit Generationen völlig verkümmert sind. Rairs entsetzlicher Plan ist es nun, das Blut der Rinder nach dem endgültigen Sieg über Nour durch das Blut der Nourianer zu ersetzen!

Als sich Xié diesem Plan widersetzt, wird er in die Unterwelt der Affenmenschen verbannt. Zu seiner Überraschung stellen sich diese aber keineswegs als so dumm heraus, wie er bisher angenommen hatte. Es gelingt ihm, sich zum Anführer einer Rebellion der Affenmenschen aufzuschwingen. Das nachfolgende Gemetzel ist wahrhaft gräßlich. Xié gelingt es zwar in letzter Sekunde, aus der Stadt zu ent­kommen, aber der Tod all seiner Freunde und Verwandten läßt in ihm den Entschluß reifen, dem Grauen ein für allemal ein Ende zu machen, indem er die Städte Illa und Nour vernichtet. Dazu bedient er sich einer rätselhaften, aber hochgefährlichen Energiequelle, des sogenannten "Nullsteins" – und eben ein Stück dieses Nullsteins ist es, das die Besatzung der "Grampus" neben Xiés Aufzeich­nungen von der auf keiner Karte verzeichneten Insel mitgebracht hat ...

Fazit: Ein ungemein rasanter Roman, der durch eine für seine Entstehungszeit 1925 erstaunliche Menge an originellen technischen Ideen besticht, von denen ein die gesamte Stadt Illa überspannender Energieschirm, unsichtbare Flugmaschinen, der die Kraft atomarer Explosionen vorwegnehmende "Nullstein" und die weiter oben ausführlicher erwähnten "Blutmaschinen" nur einige sind. Allerdings – und das sei an dieser Stelle nicht verschwiegen – fand ich die von José Moselli oft allzu breit ausgemalten Gemetzel- und Folterszenen in ihrer Häufung einigermaßen absto­ßend. Wer damit aber keine Schwierigkeiten hat, wird mit "Illas Ende" einen in der Tat bemerkenswerten frühen SF-Roman entdecken, dessen deutsche Erstver­öf­fent­lichung nach immerhin fast hundert Jahren durchaus zu begrüßen ist.

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© Detlef Eberwein

Manuel Romero de Terreros y Vinent

Das Bronzetor

Übersetzt und mit einem Nachwort von Detlef Eberwein

Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt 2021

Paperback · 106 Seiten · (D) € 6,80
ISBN-13: 9783752658224

ePUB · € 1,99
ISBN-13: 9783753466897

Manuel Romero de Terreros y Vinent, Marqués de San Francisco (was ist allein schon das für ein grandios klangvoller Name!) lebte – so erfahren wir aus Detlef Eberweins Nachwort – von 1880 bis 1968 und war ein mexikanischer Wissenschaftler und Schriftsteller, der sich besonders mit zahlreichen Veröffentlichungen über Kunst und Architektur der Kolonialzeit in Mexiko einen Namen machte. Seine einzigen literarischen Werke waren ein 1956 erschienener Band mit kurzen Theaterstücken und eine bereits 1922 unter dem Titel "Das Bronzetor" ("La puerta de bronce y otros cuentos") erschienene Sammlung mit 11 phantastischen Geschichten, die hier in der Übersetzung von Detlef Eberwein erstmals auf Deutsch vorliegen. Der Band enthält

Alle diese Geschichten spielen – wie angesichts des Verfassers nicht anders zu erwarten – in Mexiko oder in Spanien, was ihnen für deutsche Leser über das Phantastische hinaus noch einen zusätzlichen Touch von Fremdartigkeit verleiht. Romero erzählt sie in geradezu behaglicher, mit zahlreichen realistischen Details ausgeschmückter Breite, wobei er zugleich in nahezu allen Geschichten auch Unausgesprochenes mitschwingen läßt, das der Leser dechiffrieren muß, um die Erzählungen in ihrer ganzen Komplexität verstehen zu können. Gerade diese Mischung aus behaglichem Realismus und vom Leser selbst zu ergründenden Tiefenschichten erzeugt angesichts der unweigerlich folgenden Wendungen ins Unheimliche und Phantastische einen anfangs vielleicht sanften, aber dafür auf Dauer umso nachhaltigeren Schrecken.

Wie ich früher schon an dieser Stelle über einen anderen Autor, nämlich Alexander Röder, und seine Erzählungen schrieb: Früher wären solche meisterhaften Erzäh­lun­gen womöglich in einer Reihe wie der von Franz Rottensteiner herausgegebenen "Phantastischen Bibliothek" in den Suhrkamp-Taschenbüchern erschienen. Heute hingegen muß man schon froh sein, wenn sich statt eines großen Verlags eine Privatperson findet, die diese Phantastik-Schätze dem Vergessen entreißt und sie auf eigene Rechnung als Book on Demand herausbringt. Darum sollte jeder, der sich für gehobene Phantastik interessiert, Initiativen wie die von Detlef Eberwein unterstützen, indem er neben den altbekannten Klassikern des Genres auch Büchern wie diesem einen Platz in seiner Sammlung einräumt. Es lohnt sich!

PS: Derzeit führe ich via Email ein Interview mit Detlef Eberwein. Erscheinen wird es voraussichtlich Anfang 2022 im Fanzine PARADISE des Terranischen Clubs EdeN.

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